Geologie & Tunnel­bauGrenz­über­schrei­ten­der Tunnel durch das Erz­gebirge

Um schnell und komfortabel von nach Dresden nach Prag zu reisen, führt die Neubaustrecke durch einen circa 30 km langen, grenzüberschreitenden Tunnel durch das Erzgebirge. Erfahren Sie mehr über den Erzgebirgstunnel und darüber, wie uns geologische Studien bei seiner Planung helfen. 

Verlauf und Bauweise des Erzgebirgstunnels im Überblick
© DB / SZ

Das Herz­stück im Projekt: der Erz­gebirgs­tunnel

Ein circa 30 km langer Tunnel für Personen- und Güter­verkehr führt durch das Erz­gebirge und über die deutsch-tschechische Grenze. Die Tunnel­portale befinden sich in Heidenau und Chabařovice. Mit circa 18 km auf deutscher Seite, entsteht der längste Eisenbahn­tunnel Deutsch­lands. Das vorherrschende Gestein ist der für das Erz­gebirge typische Gneis.

Reihenweise Bohrproben im Bohrkernlager Pirna
© DB InfraGO AG / Natalie Klein
Bohrarbeiten im Projektgebiet
© DB InfraGO AG / Jan Frintert
Arbeiten mit Bohrgerät im Projektgebiet
© DB InfraGO AG / Jan Frintert

Wir gehen in die Tiefe: ein Blick unter die Ober­fläche

Die Neubau­strecke Dresden – Prag führt durch ein Gebiet mit komplexen geo­lo­gischen und hydro­geo­lo­gischen Gegeben­heiten. Eine enge Zusammen­arbeit der verant­wortlichen Behörden in Deutsch­land und Tschechien war daher von Anfang an unerlässlich.
Geo­techno­logische Unter­suchungen helfen uns dabei, die Zusammen­setzung des Baugrunds zu verstehen. Mithilfe von Bohrungen, die bis zu 500 Meter tief sind, entnehmen wir Locker- und Fest­gesteins­proben für geo­techno­logische Analysen. Die Proben geben Aufschluss über das Gestein, geologische Störzonen, Klüfte und Grundwasser­verhältnisse. Wir erforschen außerdem die mechanischen und chemischen Eigen­schaften des Baugrunds.

Sehen und verstehen

Die Bau­grund­unter­suchungen helfen uns, die richtigen Bau­maß­nahmen auszuwählen. Zum Beispiel, um ein Absenken des Grund­wasser­spiegels zu verhindern, Ober­flächen­wasser von der zukünftigen Strecke wegzuleiten oder das Aus­breiten von Körper­schall im Unter­grund zu verhindern.

Zur Vorbereitung auf die Bau­grund­unter­suchungen haben wir umfangreiche Geodaten aus Archiven und Studien aus Deutschland und Tschechien zu 3D-Modellen zusammen­geführt. Die Daten sind in das Building Information Modeling (BIM) eingeflossen, einem integralen Bestandteil der Strecken­planung.

Die Planung der Neubaustrecke mit BIMBIM-Video Heidenau – Chabařovice 

Die Bohr­kampagnen im Erz­gebirge

Im deutschen und tschechischen Projekt­bereich wurden umfangreiche Bohrungen zur Erkundung des Baugrunds durchgeführt.

An ausgewählten Bohrpunkten entlang der Bestandsstrecke und im Projektbereich fanden zwei Baugrunduntersuchungen statt (Juni 2020 – November 2021 und November 2021 – Juli 2023). Die erste Bohrkampagne sollte Klarheit über von deutschen Geolog:innen vermutete Störzonen bringen. Dazu wurden sechs Vertikal- und drei Schrägbohrungen in bis zu 400 Meter Tiefe durchgeführt. Die Bohrpunkte wurden mithilfe von geologischen 3D-Modellen und digitalen Karten bestimmt. Mit mehr als 20 Kernbohrungen mit einer Tiefe von bis zu 500 Metern, 40 Kleinrammbohrungen und schweren Rammsondierungen an Eisenbahnüberführungen nördlich der Grenze haben wir unser Wissen über den Baugrund im Rahmen der zweiten Bohrkampagne ausgeweitet. Es dauert übrigens einen Monat um 100 Meter tief zu bohren.

Die tschechische Eisenbahngesellschaft Správa železnic startete im September 2023 eine ingenieurgeologische Baugrunderkundung im Bereich des Erzgebirgstunnels (Dauer: bis Juni 2024). Besonders interessant sind Ergebnisse der Bohrungen nahe der Grenze, wo sich alle in Frage kommenden Streckenverläufe treffen: Hier kreuzt die Störungsstruktur „Petrovice – Döbra“ das Störungssystem Gottleubatal. Einen Tunnel durch die in Tschechien liegende Störzone „Krušné hory“ südlich des Erzgebirges zu bauen, ist eine besondere, geotechnische Herausforderung.

Das wird der längste Eisen­bahn­tunnel Deutsch­lands 

Der Erzgebirgstunnel wird mit zwei parallelen, eingleisigen Röhren gebaut, die alle max. 500 m über Verbindungs­bauwerke miteinander verbunden sind. Die Tunnelwand setzt sich aus schalenförmigen Beton­segmenten zusammen (sog. Tübbing­bauweise). Stellenweise verläuft der Tunnel bis zu 600 m tief unter der Oberfläche! 

Wichtige Eckdaten des Erzgebirgstunnels

Bohr­maschinen für die Neu­bau­strecke Dresden – Prag

Eigens für das Projekt hergestellte Tunnel­vortriebs­maschinen „höhlen“ die Röhren aus und setzen anschließend die Tübbinge zu Ringen zusammen. Vom Zwischen­angriff bis zur tschechischen Grenze setzen wir zwei Tunnel­bohr­maschinen ein, die über einen Stollen zu ihrem Einsatzort gelangen werden. Auch von tschechischer Seite werden zwei Tunnel­bohr­maschinen in Richtung deutsche Grenze am Erzgebirgs­tunnel arbeiten. 

Ein Modell der Tunnel­vortriebs­maschine steht im Infozentrum in Heidenau. 

Ein Modell der Tunnelbohrmaschine im Infozentrum Heidenau.
© Db InfraGO AG / Jörn Daberkow

Sicher­heit im Tunnel 

Außer den Tunnel­röhren und Gleisen besteht der Erzgebirgs­tunnel aus vielen baulichen Einrichtungen: Er ist ein System aus Verbindungs­bauwerken, Parallel­stollen, Räumen und Wegen, die für den Brand- und Katastrophen­schutz unerlässlich sind. Die gelände­seitigen Zugänge zum Tunnel sind zudem an das öffentliche Verkehrs­netz angebunden. Auf Höhe Göppersdorf bauen wir einen zusätzlichen Evakuierungs- und Rettungs­platz, der ungefähr auf der Hälfte der Strecke liegt und mit einem Rettungsstollen zwischen den Tunnel­röhren verbunden ist.  

Position des Evakuierungs- und Rettungsplatzes bei Göppersdorf.
© DB InfraGO AG

Bau des Erzgebirgs­tunnels

1. Portal Heidenau

  • Haubenbauwerke gegen den Sonic Boom Effekt (Tunnelknall)
  • Rettungsplatz im Bereich des Tunnelportals
  • Spritzbetonbauweise bis Zwischenangriff, dann Tunnelbohrmaschinenvortrieb

2. Zwischenangriff Seidewitztal

  • Einsatz von zwei Tunnelbohrmaschinen bis zur tschechischen Grenze
  • Bau von Lagerflächen und eines Stollens, als Zugang für die Tunnelbohrmaschine

3. Evakuierungs- und Rettungsplatz (ERP)

  • Unterirdischer ERP mit Rettungsstollen auf Höhe Göppersdorf
  • Anbindung des Rettungsstollen ans öffentliche Verkehrsnetz

4. Portal Chabařovice

  • Höhenversetzter Bau des Portals
  • Einsatz von zwei Tunnelbohrmaschinen Richtung deutsche Grenze
  • Haubenbauwerke gegen den Sonic Boom Effekt
  • Rettungsplatz im Bereich des Tunnelportals
  • 2 km langer Erkundungsstollen für geologische Untersuchungen beim Erzgebirgsabbruch
Bauweisen bei der Errichtung des Erzgebirgstunnels
© DB InfraGO AG

Wussten Sie, dass … 

… der Tunnel einen Scheitelpunkt, d. h. höchsten Punkt hat? Züge rollen so bei einer Störung von selbst aus dem Tunnel heraus. 

… die Gleise im Tunnel mit Befahrbarkeitsbelägen ausgestattet sind? Straßenfahrzeuge können so in den Tunnel einfahren, einerseits zu Rettungs- und Löschmaßnahmen, aber auch für die Instandhaltung der Gleise.